Zeitintensive Pflichtübung? Ingenieurwissenschaftliche Laborveranstaltungen auf dem Prüfstand
Meldung von: acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften - 16.09.2016 14:00 Uhr
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München/Berlin, 16. September 2016. Wer Ingenieurwissenschaften in Deutschland studiert, verbringt viel Zeit in Laboren. Entgegen ihrer Bedeutung sind diese Laboraufenthalte kaum untersucht. Sie bleiben deshalb fachlich und didaktisch hinter ihren Möglichkeiten zurück. Vom digitalen Wandel ist in den Laboren noch wenig zu spüren, obwohl er innovative Angebote wie virtuelle und teleoperative Labore ermöglicht. acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften analysiert in einer heute erschienenen Studie bestehende Laborveranstaltungen, formuliert Gestaltungsempfehlungen und gibt Lehrenden entsprechende Checklisten an die Hand.
Intensive Laboraufenthalte haben Tradition in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen. Diese umfangreiche Praxiserfahrung bildet ein Alleinstellungsmerkmal für Absolventen deutscher Hochschulen. Nur wenige ingenieurwissenschaftliche Studiengänge weltweit haben das bewährte Lehrformat mit so vielen Wochenstunden in den Curricula verankert. Kaum untersucht und noch seltener formuliert sind jedoch Lernziele und didaktische Konzepte: Die Labordidaktik ist ein blinder Fleck in der Hochschulforschung. Eine Expertengruppe der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften hat deshalb die Laborausbildung überprüft.
Projektleiter A. Erman Tekkaya, Institutsleiter des Instituts für Umformtechnik und Leichtbau und aktueller Dekan der Fakultät für Maschinenbau an der TU Dortmund, hält diese Überprüfung für überfällig: „Die Labordidaktik in Deutschland wird zu wenig hinterfragt. Laborpraktika können viel mehr sein als eine Tradition, die Hochschulen pflegen und Studierende fürchten. Sie werden sogar an Bedeutung gewinnen, wenn wir angehende Ingenieurinnen und Ingenieure auf die digitale Arbeitswelt vorbereiten. Dafür müssen wir die Laborausbildung überprüfen, verbessern und mit digitalen Hilfsmitteln anreichern.“
Die acatech Projektgruppe hat Expertinnen und Experten in Interviews befragt, bestehende Laborangebote analysiert und auch als Beobachter an Laborveranstaltungen teilgenommen. A. Erman Tekkaya: „Studierende wünschen sich praxisnahe Labore, die sie auf die Berufspraxis vorbereiten, die mit „Aha-Erlebnissen“ Wissen veranschaulichen und die auch mal Spaß machen. Die Erwartungen der Studierenden lassen sich durchaus mit den Zielen der Lehrenden in Einklang bringen“
Jedoch macht vielen Studierenden der enorm hohe Zeitaufwand zu schaffen. Wartelisten und geringe zeitliche Flexibilität führen dazu, dass sie Laborveranstaltungen nur schwer ins Studium integrieren können. Zudem sind Labore häufig überfüllt; die praktische Zeit ist deshalb knapp. Ursachen sind geringe Mittel für Laborveranstaltungen, hohe Studierendenzahlen in den doppelten Abiturjahrgängen, aber auch mangelnde Konzeption und Didaktik.
An diesen Herausforderungen orientieren sich 25 Gestaltungsempfehlungen der Projektgruppe für eine bessere Laborausbildung – fachliche, didaktische und organisatorische. Sie zielen auf fachlich und didaktisch modernisierte Laborveranstaltungen. Checklisten unterstützen die Entwicklung und Überarbeitung konkreter Laborveranstaltungen. „Studierende und Lehrende gleichermaßen legen Wert auf Praxiserfahrung im Ingenieurstudium. Laborangebote sind deshalb keine Tradition, die wir pflegen und erdulden. Sie sind ein integraler Bestandteil des Ingenieurstudiums, aus dem wir viel mehr machen können. Diese Diskussion wollen wir anstoßen und auch Lehrenden einen praxisorientierten Leitfaden an die Hand geben, der ihnen bei der Modernisierung ihrer Laborveranstaltungen hilft.“
Die Studie „Das Labor in der ingenieurwissenschaftlichen Ausbildung – Zukunftsorientierte Ansätze aus dem Projekt IngLab“ ist das Ergebnis eines gleichnamigen Projekts von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften. Der Projektgruppe gehören Expertinnen und Experten des Instituts für Umformtechnik und Leichtbau (IUL) und des Zentrums für HochschulBildung (zhb) der TU Dortmund an. Die Projektleiter sind A. Erman Tekkaya auf Seiten des IUL und Johannes Wildt (bis 31. März 2012) bzw. Uwe Wilkesmann (seit 1. April 2012) auf Seite des zhb.
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